„Free Tibet“, Sektor Free Tibet, Maline, 6 SL, 6a+

Juli 2019

 

Auch wir werden klüger. Am zweiten Klettertag in Verdon ist daher klar dass wir nur, ausschließlich und ausnahmslos im Schatten klettern werden. Da die meisten Touren vormittags im Schatten sind lautet unser Programm also von nun an: vormittags klettern, nachmittags baden.

 

Für die „Free Tibet“ fährt man zum Chalet de la Maline und parkt dort das Auto. Nun folgt man dem Wanderweg nach unten, ein angenehmer, nicht steiler Touristenweg der übrigens auch das Ende der klassischen Schluchtenwanderung entlang dem Sentiere Martel ist und außerdem zu einem bezaubernden Badeplatz führt.

 

Nach der zweiten Eisenstiege geht man noch ein paar Minuten und folgt dann einem nicht sehr ausgeprägten Steig nach oben. Ca. 45 Minuten bis zum Einstieg.

 

Der Einstieg ist angeschrieben, wenn auch nicht gut leserlich( was im übrigen oft vorkommt).

 

In der ersten Länge merkt man gleich: hier weht ein anderer Wind! Die Kletterei hat am Beginn der Tour alpinen Charakter, schwere Stellen lösen sich zwar oft gut auf wenn man sich auch mal einen Meter links oder rechts vom Haken umschaut, aber ebendiese Haken sind hier deutlich seltener anzutreffen.

Oft schauen die Längen harmloser aus als sie dann sind – plattig, mit nur wenig ausgeprägten Tropflöchern oder Warzen. Als Nachsteiger meist nicht so problematisch (da stört auch die nicht so üppige Absicherung weniger), der Vorsteiger (Sprinter) muss sich erst von der Vorstellung lösen, gleich wie in der „Laïspité positive“ alle paar Meter einen Bolt vorzufinden.

 

Trotzdem kommen wir recht gut weiter, und was heute wirklich eindeutig besser ist als gestern ist die Temperatur. Verlässlicher Schatten in der Tour, eine Wohltat, auch wenn ich diesmal eine doppelte Ration Wasser mitschleppe.

 

Sehr schön ist der Quergang in der vierten Länge. Typisch für viele Quergänge in Verdon: Schaut schwer aus, ist aber toll zu Klettern mithilfe der vielen Tropflöcher (in dieser Länge wirklich sehr markant).

 

In der vorletzten Länge wird es dann ernst: verhältnismäßig steil und glatt nach oben, etliche Meter keine Absicherung. Sprinter klettert zögerlich und umwickelt schließlich einen Busch (eigentlich ist es nicht mehr als ein kompakter Grashalm) mit einer Bandschlinge – eine Sicherung mehr für die Psyche als für den Körper. Dann geht’s aber und der Überhang ist ein Kinderspiel für Sprinter – steil mag er einfacher lieber als glatt! Wobei auch hier nur eine einsame Sicherung ist – für mich zum Vorsteigen absolut ungeeignet. Den Stand ignoriert Sprinter denn nach ein paar Metern Rampe ist die Tour zu Ende.

 

Abstieg: nach dem Ausstieg folgt man dem Steig, man kann angeseilt bleiben, muss aber nicht, es folgen ein paar Minuten leichte Kletterei, viele Stellen sind mit Seilen versichert. Dann befindet man sich am Schluchtrand und wandert durch die Macchia Richtung Straße. Ich denke hier wird es irgendwo einen markierten Weg geben, wir haben die Steinmänner irgendwann aus den Augen verloren und sind den einfachsten (weil am wenigsten dornigen) Weg retour. Ca. 45 Minuten ab Ausstieg.

 

Fluchtmöglichkeit: über die Tour abseilen und den Wanderweg zurück.

 

Fazit: auch wenn sich die Schwierigkeitsbewertung im Vergleich zur „Laïspité positive“ nur durch ein kleines „+“ unterscheidet ist diese Tour in Summe deutlich anspruchsvoller. Die Absicherung ist ausreichend wenn man den Grad souverän beherrscht, andernfalls wird man eindeutig ins Schwitzen kommen (trotz Schatten). Trotzdem eine schöne Tour mit einem netten Spaziergang als Zustieg.

Im Schatten bis ca. 13 Uhr, der Rückweg am Schluchtrand ist zwangsläufig in der Sonne.

 

Fazit Sprinter: in der ersten Seillänge noch verhalten guter Fels. Ab der zweiten Länge ist dieser dann wirklich „verdonesk“. Die Absicherung in der Schlüsselseillänge ist dann typisch französisch – also zuerst das blöde und dann erst die Sicherung. Mit einem kleinen Friend könnte man das ganz gemütlich & gut sichern – nur wer hat sowas in einer Sportklettertour schon dabei? (Tipp: 1er oder 1,5er mitnehmen) Die dritte & vierte Länge sind extrem schön zu klettern. Kurz aber nett – nicht von der ersten Länge abschrecken lassen!

 

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