Für alle die noch nie in Verdon waren aber vielleicht mal hinwollen (was ich nur empfehlen kann - auch für Nicht - Kletterer)
Abseilen
Klettern und Abseilen sind in der Verdonschlucht wie siamesische Zwillinge. Nur wenige Touren kommen ohne Abseiler aus, entweder ist es der Zustieg in Form einer Abseilpiste oder der Abstieg.
Beim Abseilen in die Schlucht ist es nervenschonender ein Zwillingsseil zu verwenden da nicht immer die genaue Abseillänge angegeben ist. Üblicherweise sind die Abseiler gut markiert, weil aber oft überhängend abgeseilt wird sollte man mit den entsprechenden Techniken gut vertraut sein
Baden
Es ist heiß, man hat seit Stunden geschwitzt und ist gerade beim Ausstieg aus einer tollen Tour, tief unten plätschert der Verdon verheißungsvoll dahin... nichts wie ins Wasser! Was so einfach klingt ist in der Verdonschlucht dann doch wieder nicht so einfach. Immerhin ist die Schlucht bis zu 700m tief und nicht alle paar Meter führt ein Weg nach unten.
Die einfachste Möglichkeit ins Wasser zu gelangen ist der Lac de Sainte - Croix, in den der Verdon mündet. Leider auch die am wenigsten empfehlenswerte, das Wasser ist (zu) warm und zu trüb und viel zu viele Menschen tummeln sich am und im Wasser (Tretbootverleih).
Vom Chalet de la Maline führt ein Steig in die Schlucht (ca. 45 min) und man findet dort ein paar wirklich nette Plätzchen mit mäßigem Andrang
Je weiter man Richtung Castellane fährt um so näher ist der Verdon der Straße, hier gibt es richtig viele Möglichkeiten relativ unkompliziert schwimmen zu gehen.
Generell kann man sagen: je weiter draußen (Richtung See), desto wärmer das Wasser, schließlich hat es 21 km lang Zeit sich aufwärmen zu lassen
Achtung: 2x pro Woche werden die Schleusen des Staudammes geöffnet und der Wasserpegel steigt rapide an! Gut möglich dass das lauschige Badeplätzchen das man am Vortag entdeckt hat dann unter Wasser steht. Die Schleusenöffnungszeiten kann man bei den Einheimischen erfragen.
Campen
Mittlerweile gibt es zahlreiche Campingplätze rund um die Verdonschlucht. Wir hatten einen sehr ruhigen und günstigen etwas außerhalb von La Palud ( S.Vial ), nur mit Basisausstattung (WC, Dusche, Steckdose!) um 15 Euro pro Nacht. Voranmelden muss man sich nicht, die Abwicklung war ausgesprochen unkompliziert. Natürlich gibt es auch High – class Campingplätze mit Swimmingpool usw. - Geschmackssache!
Durst
Hatte ich ständig! Es empfiehlt sich immer reichlich Wasser dabeizuhaben, vor allem bei den berüchtigten Schluchtenwanderungen! Aus den Wasserhähnen kommt anscheinend Trinkwasser (eine Vertrauensfrage), das Wasser aus dem Verdon haben wir jedenfalls bedenkenlos getrunken.
Einkaufen
Es gelten meist die südländischen Öffnungszeiten mit einer langen Mittagspause von 12 bis 15 Uhr. Das sollte man einplanen falls man nach dem vormittäglichen Klettern schnell was einkaufen will. Sonntags ist üblicherweise auch geöffnet. Einkaufsmöglichkeiten in La Palud und Moustiers, einen Riesensupermarkt findet man in Castellane.
Französisch
Die Franzosen sprechen Französisch und am liebsten nur das. Aber auch mit Italienisch kommt man in Verdon weiter, Englisch ist hingegen sehr abhängig vom Gesprächspartner. Ich bin der Meinung dass man zumindest die gängigsten Höflichkeitsfloskeln der jeweiligen Landessprache beherrschen sollte, das wissen auch die Franzosen sehr zu schätzen.
Gewitter
Tägliches Checken der Wettervorhersage ist Pflicht, sie ist auch relativ zuverlässig, allerdings nur für einen sehr kurzen Zeitraum (1 Tag). Sind Gewitter gemeldet sollte man das ernst nehmen, schließlich will man ja nicht bei strömendem Regen in der Schlucht festsitzen.
Hochsaison
Die ist kurz in Verdon: im Juli und August ist Hochbetrieb, wobei auch das relativ ist, wir haben es sehr erträglich gefunden. Viele Eintagestouristen die sich mal kurz die Schlucht anschauen, von Staus an den Einstiegen aber keine Rede
Imbut
So wird die engste Stelle der Schlucht bezeichnet, zu erreichen etwa vom Chalet de la Maline in ca. zweieinhalb Stunden. Meiner Meinung nach die schönste Schluchtenwanderung mit verlässlichem Zugang zum Wasser und einer kurzweiligen Streckenführung, teils seilversichert aber durchaus auch mit (folgsamen und gehwilligen) Kindern machbar.
Jardin
zu deutsch "Garten" - grasige Bänder die die Schluchtwände immer wieder unterbrechen. Oft unterhalb der Abseilpisten oder auch in der Tour.
Klettern
wir waren uns erst nicht sicher ob Verdon nicht eine Nummer zu groß für uns ist. Mit einem guten Vorsteiger (Sprinter) und umsichtiger Tourenwahl findet man aber einige Klettereien die Spaß machen und auch nicht ständig den Adrenalinspiegel in die Höhe schnellen lassen.
La Palud
Kleines Örtchen im Herzen der Verdonschlucht. Supermarkt, Trafik, Tankstelle, ein paar Cafes und Restaurants bilden die Infrastruktur. Der einzige Bankomat befindet sich der Legende nach im Postamt, das leider nur ein paar Minuten am Tag geöffnet hat (von 9 bis 11 Uhr).
Macchia
Salopp gesagt ist Macchia der Überbegriff für die Vegetation die in der Schlucht und drumherum wuchert. Borstiges, stacheliges Gestrüpp, gerne mit Widerhaken, gerne auch mal in der Tour, mit Sicherheit aber beim zu- und / oder absteigen anzutreffen. Grund für zahlreiche Schnitte, Kratzer und Risse in der Kleidung. Ratsam wären lange Hosen, die aber im Sommer kaum auszuhalten sind. Am besten man gewöhnt sich dran – nach ein paar Tagen bildet sich ohnehin eine Hornhaut an den Unterschenkeln.
Notausgang
man beachte: klettert man Touren ausgehend von der „Route de cretes“ (die Klassiker) sollte man sein eigenes Kletterniveau unbedingt kritisch einschätzen (vorher!). Man seilt hier sehr touristenwirksam von der Aussichtsstraße in die Schlucht ab und oft gibt es nur einen Weg nach oben: die Tour. Hat man sich verschätzt und kommt nicht hoch sitzt man in der Klemme.
Wir haben uns daher bis auf wenige Ausnahmen für Touren entschieden die wir a) ziemlich sicher klettern können und wo es b) einen Notausgang, sprich alternativen Ausstieg gibt
Orientierung
die Touren finden ist meist kein Problem, vorausgesetzt man hat eine Zustiegsbeschreibung in einer Sprache die man versteht. Mein Schulfranzösisch hat für die französischen Kletterführer nicht immer gelangt, dann wird es mühsam.
Markiert wird in Verdon sehr sorgsam, entweder mit farbigen Punkten oder auch mit Steinmännern.
Preise
Das Preisniveau in Frankreich ist in etwa vergleichbar mit Österreich. Campen und Tanken ist definitiv billiger als in Italien, was man aber niemals in Frankreich kaufen sollte sind Zigaretten! 8,40 für eine Schachtel, da wurden sogar wir fast zu Nichtrauchern. Auch teuer: Eis (2,50 Euro pro Kugel) und Essengehen (je nach Lokalität).
Quergänge
ausgesprochen beliebt in Verdon, werden oft auch eingebaut um den kürzeren Touren etwas mehr „Gehalt“ zu geben. Sie sind üblicherweise gut abgesichert, oft leicht und an den Tropflochplatten fantastisch zu klettern
Route
Von Innsbruck nach Verdon sind es immerhin fast 900 Kilometer und 10 Stunden Fahrzeit. Die kann man entweder in einem durchfahren und vollkommen fertig ankommen, oder man fährt nach dem Motto „der Weg ist das Ziel“ in Etappen so wie wir:
Bei der Hinfahrt haben wir an Tag 1 einen Kletterstopp in Tessari eingelegt und sind diese sehr empfehlenswerte Tour gegangen. Weiterfahrt zur Ligurischen Küste, wo wir Tag 2 im Meer verbracht haben. Abends dann weiter über Cannes Richtung Verdon wo wir an Tag 3 nach einer Übernachtung an der Route de Cretes unser Quartier am Campingplatz bezogen haben.
Bei der Rückfahrt haben wir in Finale Ligure pausiert und uns diese Tour angeschaut.
Schwierigkeitsgrade
Überwiegend wird in Verdon sportklettermäßig bewertet, woran ich mich bis zum Ende unseres Aufenthaltes nicht wirklich gewöhnen konnte. Für mich ist ein 5er halt ein 5er, ob da jetzt ein c dahinter steht oder nicht... dementsprechend schwer kam mir dann auch alles vor... Tatsache ist: für Verdon sollte man klettern können (hat bei uns Sprinter abgedeckt), auch die leichteren Touren starten bei 5(a) und haben meist eine oder mehrere 6er Stellen. Wissen sollte man (so wurde ich aufgeklärt) dass die Locals Experten im Riss- und Kaminklettern sind, weswegen Riss- und Kaminlängen auch traditionell sehr hart bewertet sind. Ein gutes Beispiel ist die „Telegramme“, in der die Kaminlängen richtig schwer und trotzdem „nur“ 5c sind. Wer das erste Mal in Verdon ist und kein Superkletterer sollte mit sehr leichten Touren starten die am besten auch eine Fluchtmöglichkeit haben.
Temperaturen
für einen Tiroler sind die Temperaturen in Verdon keine große Umstellung, wer allerdings stabiles gemäßigtes Klima gewohnt ist... Untertags sind im Juli 35 Grad keine Seltenheit (wie sich das in der Wand anfühlt muss ich wohl nicht ausführen), nach Sonnenuntergang sinkt die Temperatur aber ordentlich ab. Ein paar wärmere Klamotten sollte man also unbedingt dabeihaben, schlafen im Freien ohne Zelt ist ebenfalls nicht anzuraten da durch die Temperaturunterschiede binnen Minuten alles feucht ist.
Ungeziefer
existiert in Verdon zuhauf. Wie üblich war ich das Opfer und der zuckersüße Sprinter lachte sich ins Fäustchen. Mückenspray obligatorisch!
Vautours (franz. für Aasgeier)
imposante Vögel die förmlich in der Schlucht schweben. Es ist nicht anzunehmen dass sie sich von herabgefallenen Kletterern ernähren, beeindruckend sind sie trotzdem
Wandern
in Verdon kann man nicht nur klettern sondern auch wandern (wobei Juli / August wohl nicht die alleroptimalste Jahreszeit dafür ist)! Wir haben einen Regen- und zwei „Rast“tage für Wanderungen genutzt. Resümee:
Die schönste und undurstigste Wanderung ist die zum „Imbut“ (siehe oben).
Der Wanderweg „Sentiere des pecheurs“, startend vom Parkplatz Belvedere Mayreste, hat uns in die Irre geführt (Wanderkarte gibt’s dort nämlich keine mehr), wir sind linkshaltend dem Weg entlang und fast verdurstet weil es über drei Stunden brütend heiß und ohne Wasserzugang immer oberhalb der Schlucht entlang ging.
Auch wenn es der absolute Touri – weg ist: der Sentiere Martel ist ebenfalls empfehlenswert. Für die Tunnel am Anfang braucht man unbedingt eine Lichtquelle! Nach den Tunneln wird auch der Andrang immer geringer. Wir sind den Weg bis zur Hälfte gegangen und wieder retour, original wäre es eine 16km lange Wanderung bis zum Chalet de la Maline, wo man sich allerdings dann ein Fahrzeug für den Rückweg organisieren muss. Teilweise gibt es aber auch Shuttles.
Zeit
Alles zu seiner Zeit – auch wenn man im Urlaub ist, lange ausschlafen minimiert die Klettermöglichkeiten in Verdon im Sommer enorm. Der Großteil unserer Touren war nur am Vormittag im Schatten, bei einer durchschnittlichen Kletterzeit von 4 Stunden + 1 Stunde „Zustieg“ (großzügig gerechnet) tut man gut daran um 8 Uhr aufzubrechen.
Kommentar Sprinter:
Da ist man mal 25 kurze Jahre nicht mehr in Verdon und schon ist alles anders ... irgendwie schön. Zum reinen Sportklettern gibt es meiner Meinung nach einfach viel die besseren Gebiete als Verdon - für Mehrseillängenrouten lohnt es auf jeden Fall. Kürzere Abstiege gibt es kaum irgendwo. Die oft erwähnte "sehr harte" Bewertung hab ich noch nie gefunden - als Vergleich: in etwa Arco-Niveau. Sobald es etwas steiler wird sogar eher gemütlicher. Franzosen: je schlechter man die Landessprache beherrscht desto öfters sollte man die Schönheit der Gegend, der Touren, der Geier usw. erwähnen (was echt nicht schwer fällt) - und schon hat man ein angenehmes & hilfsbereites Gegenüber. Franzosen sind meist stolz auf ihr Land! Die Touren: die ersten Erfahrungen sollte man in neueren Touren sammeln - je älter die Tour desto größer sind meist die Überraschungen! Angaben zur Ernsthaftigkeit & Absicherung gibts im Führer kaum bis gar nicht. "Gut abgesichert" deckt hier vergleichsweise S1 bis incl. R3 (aus den italienischen Führern) ab - also Vorsicht! Andrang: die goldenen Jahre des Verdon sind vorbei. Mit Menschenmassen muss man heute nicht mehr rechnen. Am meisten los ist lt. Einheimischen an Wochenenden im späten Frühjahr & Herbst. Und falls es noch nirgends erwähnt wurde: die Schlucht ist beeindruckend, steil, schön, die Geier groß & zahlreich, das Wasser glasklar ... passt einfach alles. (ausser der in diversen Quellen angegebenen Höhe von max. 700 Metern!)