Maningkogel / Acherkogel Nordostgrat, Stubaier Alpen, 4

August 2022

 

Fragt man bergaffine Menschen im Umkreis des Acherkogels nach ebendiesem gibt es im Wesentlichen drei Fraktionen: „Hab ich schon gemacht! (und war toll)“, „Hab ich noch nicht gemacht aber will ich unbedingt machen!“ und „Würde ich gerne machen aber….“.

Das „aber“ bezieht sich auf die Gefährlichkeit des Berges, die Gefährlichkeit des Berges wiederum bezieht sich auf die Nordflanke, die Wanderer hinauf und hinuntermüssen, Kletterer „nur“ hinunter.

Jedenfalls, ein Berg mit einem Ruf. Diesem Ruf folgen wir an einem prächtigen Augusttag. Mein Vorschlag, weil: kann irgendwas schlimmer sein als Zu- und Abstieg der Wilden Leck? Wohl kaum, und das habe ich schließlich auch überlebt. Ja, in meiner Brust schlägt ein masochistisches Herz.

 

 

Früher Start vom Parkplatz am Stausee, und nach einem kurzen Umweg (Danke Sprinter!) landen wir auf dem Wanderweg und stapfen Richtung Einstieg. Der Zustiegsweg ist beinahe gemütlich, sodaß wir nach 2 Stunden am Einstieg und immer noch energiegeladen sind.

Anseilen, losstarten. Wie bei der Wilden Leck gehen wir abwechselnd am laufenden Seil, und das geht hier richtig gut! Das Gelände ist nie schwer und extrem sicherungsfreundlich, gelegentlich gibt’s Bohr- und Normalhaken und etliche Stände sind, mit Reepschnur markiert, vorhanden. Wenn man sich vor Augen hält, dass es nie schwerer als „3“ sein darf ist die Wegfindung einfach, und in „den leichtesten Weg finden“ bin ich ziemlich gut, wir kommen flott voran.

Einzig die Schlüsselstellen am Maningkogel sind kurz unangenehm, erst ein glatter kurzer Grat, dann eine glatte kurze Platte, der Rest ist Genuß pur.

Nach zweieinhalb Stunden stehen wir auch schon am Gipfel des Maningkogels, unter uns die Überschreitung, vor uns der mächtige Acherkogel. Auch die Nordflanke sieht man jetzt richtig gut, aber ich schaue lieber nicht so genau hin.

Absteigen, abklettern, hinüberklettern. Die Überschreitung ist etwas aufwändiger als gedacht, geht aber gut. Hier könnte man auch in die Scharte abseilen, falls man nach dem Maningkogel nicht mehr mag.

Der Kamin am Beginn ist leicht, überhaupt ist der Acherkogel insgesamt eher leichter als der Maningkogel. Achtung: zwei Seilschaften vor uns sind rechts in die Wand geklettert – hier geht’s aber nicht lang! Wir brauchen nur drei Seillängen bis zum Gipfel, grade mal eine Stunde und wir sind oben, wow!

 

 

Abstieg: manche Touren könnte man viel mehr genießen, wenn man vorher wüsste, dass der Abstieg gar nicht sooo schlimm ist. Der Acherkogel ist so eine Tour, auch wenn der Abstieg nicht unbedingt ein Spaziergang ist. Vielleicht bin ich aber auch noch zu sehr von der „Wilden Leck“ geprägt?

Zuerst geht es vom Gipfel hinüber zum Signalgipfel – leichtes Ab- und wieder Hinaufklettern, nicht besonders ausgesetzt. Dann beginnt der Abstieg über die Nordflanke. Gut markiert, steil, teilweise brüchig aber gut machbar. Wenn man vom Grat auf die Nordflanke schaut ist es kaum vorstellbar dass ein im Endeffekt so passabler Steig durch diese Wand führt. Allerdings haben wir auch perfekte Bedingungen; es ist trocken und das Schneefeld am Wandfuss sehen wir nur von der Ferne. Wir lassen uns Zeit und brauchen für diesen Teil 45 Minuten.

Durch Schotter geht es hinüber zum gut sichtbaren Steinmann, und hier kann man nun entscheiden: Den Steig hinunter Richtung See und am Normalweg wieder nach oben oder, nach einer kurzen Steilstufe, hinüber Richtung Scharte? Runter und rauf wollen wir nicht, also nach rechts Richtung Scharte (Steinmänner und Steig), von der Scharte führt ein Steig hinunter ins Blockgelände. Hier machen wir leider den Fehler und stapfen mittendurch, das ist nicht ratsam. So landet man zwar beim See, aber das Blockgelände fällt steil ab, insgesamt ist es so ziemlich mühsam und zeitaufwändig. Besser, man umrundet das Blockgelände am Rand bis man zum Normalweg kommt (sieht man von der Scharte aus gut).

Wenn wir schon da sind tauchen wir gleich mal die Füße in den See (kalt!), dann geht’s am Normalweg retour zum Parkplatz.

 

Fazit: eine der schönsten Touren die ich bisher gemacht habe! Schöne Kletterei! Schönes Ambiente! Schöner Zustieg! Den Abstieg kann man dafür in Kauf nehmen finde ich. Etwas Ausdauer sollte man aber haben und sich in 2er -/ 3er Gelände wohl fühlen. Gehen am laufenden Seil sollte kein Problem sein, leichtes Abklettern auch nicht.

 

Unsere Zeiten: 2 Stunden bis zum Einstieg (ich als gemütliche Geherin), 2,5 Stunden auf den Maningkogel, 0,5 Stunden für die Überschreitung, eine gute Stunde bis zum Gipfel vom Acherkogel. Mit Pausen waren wir so etwa 4,5 Stunden beim Klettern.

Wir waren um kurz nach eins auf dem Gipfel und haben uns daher für den Abstieg viel Zeit gelassen, inklusive vieler Pausen und dem Umweg im Blockgelände waren es 4,5 Stunden.

 

Fazit Sprinter: eine gute Tour für den versierten Bergsteiger - nicht unbedingt für Kletterer. Der Fels ist durchgehend gut, fest & griffig. Der erste Teil vom Abstieg sollte trocken & schneefrei sein - vom tiroler Oberland bzw. Ötz gut einsehbar. Die Tour macht Spaß und ist immer wieder ein kleines Abenteuer.

 

Sicherungstechnik: aufmerksame Leser wissen, dass ich einen Grat nicht ohne Seil gehe. Wo ich gesichert sein will hängt nämlich nicht nur vom Schwierigkeitsgrad ab sondern auch davon, wie weit man im Fall hinunterfallen kann, und das kann man hier weit. Wir sind mit unserem neuen ultraleichten Halbseil, doppelt genommen, gut vorangekommen. Sinnvoll ist es, ein paar Exen (6) und viele Schlingen + Karabiner mitzuführen, so kann man richtig lange Längen produzieren. Friends und Keile braucht man nicht.

 

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