„Heimatliebe“, Karkopf, Wettersteingebirge, 12 SL, 7-

September 2018

Schneller als gedacht ergibt sich die Möglichkeit unsere Tour zu vollenden. Es ist nur eine Woche nach dem ersten Versuch, trotzdem wird es deutlich später hell und frostig ist es bei unserem Start um 6:30h auch.

Obwohl wir jetzt genau wissen wohin und auch ziemlich flott gehen brauchen wir bis zum Einstieg knapp zwei Stunden. Wieder mal frage ich mich nach welchem System Zustiegszeiten berechnet werden, aber egal, wir haben genug Puffer und keinen Stress. Exakt beim Einstieg treffen wir auf die ersten Sonnenstrahlen und wir haben den ganzen Tag perfekte Verhältnisse.

Sprinter und ich hoffen dass sich der ganze Aufwand gelohnt hat, und die erste Länge schaut dann auch danach aus: ziemlich kompakter Fels, mäßige Schwierigkeiten und passabel abgesichert und das Ganze unter blitzblauem Himmel und ohne eine Menschenseele weit und breit. Gefällt mir!

Die zweite Länge gehört mir, in dieser Tour steige ich nur die leichtesten Längen vor was den Nachteil hat dass hier kaum Sicherungen sind. Kurz nach dem Stand ist ein Orientierungsbolt, das wars. Es stört mich nicht wirklich weil es 2er und 3er Gelände ist, das hatten wir ja schon beim Zustieg, aber Sprinter schwitzt am Stand und nervt mit guten Ratschlägen. Zusätzliche Sicherungen kann ich nicht legen und als nach 40m noch kein Stand in Sicht ist werde ich auch ein bisschen nervös. Ich sehe ihn erst als ich davor stehe, er ist hinter einer Mulde versteckt. Im Grunde genommen wechselt man einfach beim Bolt in die linke Rinne und geht dann nach oben, muss man halt wissen.

Es ist in der ganzen Tour so dass die schweren Längen ganz passabel abgesichert sind, sobald es aber leichter wird hört es mit den Sicherungen abrupt auf. Ab der dritten Länge ist das zwar von der Orientierung her kein wirkliches Problem mehr, man kann aber auch nur schwer zusätzlich sichern und muss im Großen und Ganzen mit den weiten Hakenabständen leben.

So wie die Absicherung ist auch die Felsqualität höchst unterschiedlich. Manchmal gibt es bombigen Fels, oft ist er ganz okay (man sollte halt nicht alles bedenkenlos angreifen) und streckenweise ist es richtig übel. Ich bin nicht überempfindlich was Brüchigkeit angeht aber in manchen Passagen bröckelt der Fels schon wenn man ihn nur lange genug anstarrt…

Die Tour hat „nur“ 12 Seillängen, aber fast ausnahmslos alle sind sehr lang. Wir haben mit dem 60m Seil nie ein Problem, aber so zieht sich die Unternehmung ganz schön in die Länge. Die Schlüsselseillänge mit der 7- fühlt sich nicht schwerer an wie andere schwierigere Passagen. Schwächere Nachsteiger können sich hier gut nach oben mogeln.

Es ist 15:30 als wir am Ausstieg sind, ich bin zufrieden mit unserem Zeitbedarf. Heute kann ich auch das Panorama genießen, kein Wölkchen trübt den Himmel. Genial!

 

Abstieg: wir wissen, der Abstieg vom Karkopf ist lang und beschwerlich. Was liegt also näher als mal eine Alternative auszuprobieren? Diese gibt es hier in Form des Adler – Klettersteigs, der direkt bei unserem Ausstieg endet. Im Nachhinein eine Schnapsidee, aber danach ist man halt immer gescheiter. Diese „Alternative“ sollte man nur in Betracht ziehen wenn man a) noch viele Kraftreserven hat, b) es noch lange lange hell ist und c) man auf Klettersteige steht.

Ich merke schon bald dass zumindest a) auf mich nicht mehr zutrifft. Die schweren Passagen seilt mich Sprinter ab was zwar gut funktioniert aber wohl nicht Sinn der Sache war. Die Länge des Klettersteigs resultiert unter anderem aus den vielen Quergängen, was in unserem Fall ein Vorteil ist weil eine Querung von unten oder oben begangen keinen Unterschied macht. Nach gefühlt 1000 mal Karabiner umhängen sind wir am Ausstieg / Einstieg. Ich bin kaputt, am Ende, finito, aber durch die vielen Querungen haben wir irgendwie nicht viel an Höhe verloren. Immer noch ist das Tal weit unter uns. Verdammt. Es geht also wieder mal eine Rinne hinab und dann in vielen vielen Serpentinen durch die Latschen. Es dunkelt als wir endlich wieder bei der Abzweigung sind, und kurz darauf kommt auch unsere Stirnlampe zum Einsatz. Beim Auto ist es halb neun. Geniale viereinhalb Stunden hat unser Alternativabstieg gekostet.

 

Fazit: mal abgesehen vom Abstieg hat mir die Tour sehr gut gefallen, das ist aber definitiv Geschmacksache. Sicher keine Unternehmung wenn man einfach eine gemütliche Mehrseillängetour machen will! Allein schon der Zustieg wird nicht jedermanns Sache sein, die Tour selber ist, trotz der Bohrhakenabsicherung, sehr alpin und auch lang. Zusätzlich absichern ist schwierig, dreimal kam bei uns ein Friend zum Einsatz (in den Verschneidungen), ansonsten helfen gelegentlich Bandschlingen, oft geht aber auch gar nichts aufgrund der zweifelhaften Felsqualität. Ende September sind die Temperaturen angenehm (im Sommer sicher sehr heiß!), dann sollte man aber zeitig starten.

 

 

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