August 2020
Kaum zu glauben dass sich durch die begrünte Wand eine 11 Seillängen – Tour zieht, aber es ist wahr. Ausgangspunkt für die „Quarzader“ ist besagter Parkplatz bei Ponte Brolla, etwa 20 Minuten einigermaßen gemütlich durch den Wald Richtung Wand. Etwas knifflig ist es, den richtigen Einstieg zu finden. Die Touren sind nicht angeschrieben, und die Felsen schauen, steht man erst mal davor, alle gleich aus. Erst beim dritten Anlauf sind wir richtig – auf dieser Rampe verlaufen zwei Touren und unsere ist die rechte (links ist die Tour über die Kante).
In zwei Abschnitte gliedert sich die Tour: unten Platten, oben steilere Kletterei entlang der Quarzader.
Die Plattenlängen sind eine Mischung aus langweilig und schwierig. Langweilig, weil die 6 Längen irgendwie kein Ende nehmen und im wesentlichen alle gleich sind; schwierig, weil die Absicherung zwar gut ist, man sich aber doch gelegentlich den ein oder anderen Bolt zusätzlich wünscht und weil es sich hier halt doch wieder um das mittlerweile bekannte schweizerische Plattenschleichen handelt.
Ich steige einen Testmeter vor und lasse es dann für den unteren Teil bleiben. Dahintrappeln auf Zehenspitzen – nicht meines. Sprinter macht seine Sache gut, trotzdem sind wir beide froh als wir die Plattenlängen hinter uns haben und endlich „richtige“ Kletterei angesagt ist.
Der obere Teil ist für uns deutlich ansprechender. Erst schuppig und steil, nach einer kurzen Verbindungsquerung dann wieder steil und schön griffig nach oben. Nach einem Gratstück beginnt der schwerste Teil der Tour; dummerweise hängt Sprinter die nächsten zwei Längen zusammen in der Annahme, dass die 10. Länge leicht ist (ist sie nicht wirklich). Die letzte Länge schon, sie führt dann endlich zum Ausstieg, von dem man einen doch beeindruckenden Blick auf den Lago Maggiore und ins Valle Maggia hat.
Abstieg: Dies ist vermutlich der erste Abstieg meines Lebens der nach unten hin immer ungemütlicher wird. Vom Ausstieg folgt man einem verwachsenen, doch trotzdem gut ersichtlichen Pfad ein paar Meter nach oben, dann quert man gut markiert nach rechts, folgt einem Steig und passiert schließlich eine Art Hippie – Schrebergartensiedlung. Dann geht es ins steile Waldstück, hier wird der Steig verschwommen, was vielleicht an den Gewittern der letzten Tage liegt, vielleicht aber auch nicht.... Hinunter, hinunter, hinunter, vorbei an einem Strommasten und eine Stiege hinab, dann ist man mehr oder weniger wieder im „Einstiegswald“. Hier aber wird es dann, hinsichtlich Orientierung, schwierig. Wir halten uns links (in Abstiegsrichtung), was wohl ein Fehler war. Sprinter ist dahin, er rennt vor weil unsere Parkzeit ausläuft und die Straße schon in Hör- und Sehweite ist. Ich folge brav seinen Anweisungen und den sporadischen Steinmännern und lande im dichtesten Brombeerdickicht das ich jemals erlebt habe. Brombeeren – die Früchte lecker, der Rest ein dorniges Ärgernis. Unmöglich durch die Büsche zu gelangen. Dreimal komme ich bis auf wenige Meter auf die Straße und muss dann wieder umkehren, weil mir Brombeeren und die Straßenbegrenzungsmauer den Weg versperren. Schließlich finde ich einen Ausgang, leider mitten über den Schießplatz. Dort ist zwar niemand, aber zwischen den Zielscheiben herumzugeistern ist trotzdem ein komisches Gefühl.
Fazit: Eine Tour die man schon machen kann. Für mich kein Highlight, aber unterm Strich okay. Die Tour ist deutlich weniger botanisch als sie von unten aussieht (der Abstieg dafür umso mehr). Der Zeitbedarf ist so etwa 5 Stunden. Optimal um am Vormittag zu klettern und dann in die Maggia zu springen.
Fazit Sprinter: Gneisplatten sind eindeutig angenehmer zu Klettern als Granit. Der untere Teil zieht sich dann doch recht lang und endet am linken, oberen Ende der Platte (ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich, da in der Mitte oben eine Tour (welche auch immer) startet. Der obere Teil geht am Anfang über fragil wirkende Schuppen – dann über recht schöne Wandkletterei gerade nach oben. Um die letzten drei (!!!) Seillängen zusammenzuhängen bräuchte man viel Material am Gurt … zwei gehen sich gerade so aus (wenn man die angegebene Anzahl Exen für den unteren Teil minus 2 – die sind immer unnötig – am Gurt hat). Der Abstieg war sicher schon mal besser – da dürfte ein Teil den Unwettern zum Opfer gefallen sein. Der Abstieg über die Mauer an der Straße hat was! :-) endlich mal ein paar steile Meter!
Wer gerne Platten klettert – dem wird diese Tour gefallen. Die Wand links, mit der berühmten „Alhambra“ schaut übrigens genauso langweilig aus wie das hier. Zum Klettern würde ich hier nicht mehr herfahren – zum Schwimmen ist das Tal aber echt genial! Ein wirklich schönes Plätzchen!
Topo: hat man den Einstieg mal gefunden braucht man eigentlich kein Topo. Wir hatten eines aus einer alten Kletterzeitschrift, eine gute Beschreibung gibt’s aber zum Beispiel auch hier