Juli 2021
Es ist schwül, und wenn es in Ailefroide schwül ist kann man von Regen in wenigen Stunden ausgehen. Was also tun? Wir entscheiden uns für die relativ kurze und leichte Kante rechts von der Riviere Kwai. Der Zustieg ist bekannt, diesmal einen Hauch kürzer da die Tour ganz unten startet.
Weil es so schwül ist lasse ich meine Jacke am Einstieg (normalerweise habe ich IMMER eine Jacke dabei, außer vielleicht im sommerlichen Arco) und starte topmotiviert in die erste Länge – eine kurze 4c. Super gesichert, mit tollem Fels und sehr überschaubaren Schwierigkeiten, da hänge ich doch gleich noch die nächste Länge dran bevor ich Sprinter das Zepter überlasse.
Rückblickend gesehen hätte ich in dieser Tour jede Länge vorsteigen können, auch die 5c - Längen fühlen sich leichter an als die in der Riviere Kwai, leider ist es schon nach dem 3. Stand gar nicht mehr so schwül sondern eher gewittrig – windig sodaß wir ganz automatisch in den „schnell rauf bevor´s regnet – Modus“ verfallen. Auch die zwei 6a – Längen sind eher gutmütig bewertet und können zur Not auch genullt werden.
Mittlerweile ist es kalt und die Jacken sind weit weg. Was für ein Jammer, denn diese Tour wäre Plaisir pur, aber von Genuß kann man leider bei diesem Wind und den bedrohlich häufiger werdenden Tröpfchen nicht mehr wirklich reden.
Die Seilschaft, die viele Längen nach uns eingestiegen ist, hat mittlerweile den Rückzug angetreten und ist beim Abseilen. Vom oberen Teil der Tour ist ein Rückzug zwar sicher irgendwie möglich, aber auf dem Band nach der 6. Länge können wir keinen Abseilstand finden. Wir beschließen also die letzten zwei Längen noch zu klettern um dann auch wirklich über die Abseilpiste abseilen zu können (deren Verlauf sieht man nämlich von der Tour aus nicht, und ein Verhauer wäre jetzt wirklich blöd).
Also schnell rauf, leider geht sich dann auch die Zusatzlänge (von der danebenliegenden „Pilier du Levant“, die führt auf den nächsten Spitz) beim besten Willen nicht mehr aus.
Abstieg: direkt neben dem letzten Stand der „Francis“ ist der erste Abseilstand. Wir gehen immer noch davon aus dass wir auf das Band nach der 6. Länge abseilen, tatsächlich ist der Stand aber ein paar Meter vor dem Band. Klar, sonst müsste man hier mit Doppelseil klettern, so geht es auch mit einem 70 m Einfachseil. Ein weiterer Abseiler, nun wirklich auf ein Band, dieses quert man dann an einem Fixseil Richtung Kante (ist leicht).
Die Seilschaft die wir von oben beim Umdrehen beobachten konnten ist leider immer noch nicht unten angekommen; und das ist blöd weil es mittlerweile donnert und wir nur mehr ein Ziel haben: das Seil trocken zum Rucksack zu bringen. Ein Abseiler trennt uns noch von ihnen, und nachdem der erledigt ist stehen wir quasi im Stau. Noch zwei Abseiler bis Rucksack; der erste geht schnell, der zweite, jetzt schon großteils im flachen Gelände, viel langsamer, weil sich das Doppelseil unserer Vordermänner immer wieder in der Vegetation verhängt. Tropfen, Donner. Haarscharf geht es sich aus, kaum ist das Seil im Rucksack wird aus dem Getröpfel Regen (und der bleibt uns bis zum nächsten Morgen erhalten).
Fazit: Moderate Schwierigkeiten, super Fels, beste Absicherung, Schneckenherz was willst du mehr? Die Tour ist insgesamt leichter als die Zahlen vermuten lassen und trotzdem nicht langweilig. Offensichtlich gut für unsichere Tage geeignet, nur blöd wenn sich das mehrere denken und man dann im vielzitierten Stau steckt.