Es war einmal... ein Jüngling mit seiner holden Maid, die lebten glücklich und zufrieden. Die holde Maid hatte nur Augen für den Jüngling, obwohl einst ganze Heerscharen von Freiern um ihre Gunst geworben hatten (die holde Maid war nämlich ausgesprochen schön und auch sehr klug und charmant). Denn der Jüngling hatte Augen wie frisch geröstete Haselnüsse, Haare wie dunkle Schokolade, viele Muskeln und er war außerdem der Schnellste im ganzen Land. Auch wenn er einen riesigen Sack voller Pflastersteine am Rücken hatte flitzte er dahin als wären es Federn (das war auch gut so, denn leider übersah er oft vor lauter Schnelligkeit eine Weggabelung sodass er sehr viele Umwege machte).
Der Jüngling war also schnell, attraktiv, witzig und vieles mehr, vor allem aber war er sehr bescheiden. So bescheiden war er, dass es ihm zuwider war wenn er im Mittelpunkt stand. Infolgedessen weigerte er sich auch standhaft, den Tag zu feiern an dem ihm seine Mutter das Leben geschenkt hatte (weniger poetische Menschen nennen diesen Tag wohl „Geburtstag“).
Das konnte die holde Maid gar nicht verstehen, und so versuchte sie über viele Jahre die Meinung des Jünglings zu ändern. Sie buk an seinem Ehrentag vielstöckige, komplizierte Torten mit Zuckerguss, kreierte siebengängige Menüs aus den besten Zutaten, schenkte ihm kostbare Gewänder aus atmungsaktiven Materialien, doch es half nichts, der Jüngling wollte nicht feiern. Er war nämlich nicht nur bescheiden sondern auch ein klitzekleines bisschen stur.
So kam es, dass sich die holde Maid immer schwerer damit tat, sich das Datum seines Ehrentages zu merken.
Als in einem Jahr dieser Tag immer näher rückte machte sich die Maid wieder viele Gedanken, wie sie ihren Jüngling umstimmen könnte. Tag und Nacht dachte sie darüber nach, wochen-, nein, monatelang!
Der Jüngling wünschte sich schließlich einen Ausflug in das Nachbarland, er hatte gehört dass es dort besonders schöne Fels.... äh Pflastersteine gäbe.
Zum Glück war sein Geburtstag an einem Wochenende, und die Maid wollte sich schon auf die Suche nach einer besonders komfortablen Herberge machen, da brach eine furchtbare Krankheit aus, und sie durften nicht mehr in das Nachbarland fahren.
Nun gut, die Maid beschloss also, den Jüngling mitsamt seiner Sippschaft stattdessen zu einem ganz besonders guten Mahl einzuladen, zum Glück war sein Geburtstag ja an einem Wochenende, und da waren sehr viele ganz besonders gute Wirtschaften geöffnet.
Da erreichte die furchtbare Krankheit auch die Heimat des Jünglings und der Maid, und alle Wirtschaften wurden geschlossen.
Die Maid grübelte weiter was sie nun tun könne. Unterdessen arbeitete die Maid, weil sie nicht nur schön, klug und charmant sondern auch gutherzig war, in einem Kloster in dem kranke und alte Menschen gepflegt wurden. Tag und Nacht arbeitete sie, fast ohne Unterlass, manchmal wusste sie gar nicht mehr ob es morgens oder abends war.
Zum Glück hatte sie aber an dem Jünglingsgeburtstagswochenende frei, und sie beschloss ihm einfach wieder tolle Sachen zu kochen und ihm eventuell auch seine müden Muskeln zu massieren (das mochte der Jüngling besonders gern weil die Maid nämlich nicht nur schön, klug, charmant und gutherzig war, sondern auch sehr geschickte Hände hatte).
Am Tag vor seinem Geburtstag wollte sie gerade die Einkaufsliste erstellen, als ihr ein Dokument in die Hände fiel auf dem der Jünglingsgeburtstag vermerkt war. Ja und was soll man sagen, die holde, eigentlich sehr kluge und auch überhaupt nicht vergessliche Maid mit dem guten Herzen und den geschickten Händen hatte sich offensichtlich ein falsches Datum gemerkt.
Leider war nämlich der Jünglingsgeburtstag schon vorbei.
Selbstverständlich bat sie den Jüngling sofort und mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln um Verzeihung, doch der Jüngling grämte sich sehr und zweifelte an der Liebe der holden Maid (was natürlich vollkommener Blödsinn war, schließlich war der Jüngling nicht nur attraktiv, witzig und bescheiden, sondern auch der Schnellste im ganzen Land – wer könnte diesen Attributen widerstehen????)
Das Ende vom Lied: die Maid baute sich viele Eselsbrücken um sich den Geburtstag ihres Liebsten für alle Ewigkeit zu merken, und der Jüngling musste sich für alle Ewigkeit an seinem Geburtstag feiern lassen, vielstöckige Torten und siebengängige Menüs essen, grauenvo... äh... lieblich klingende Geburtstagsständchen anhören und ganz viel Orangenlimonade trinken (Metwein mochte er nämlich nicht).
Und wenn sie nicht gestorben sind so feiern sie noch heute.
Anm. d. Red.: Alle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind pure Einbildung! Schließlich würde ja wohl niemand den Geburtstag seines Lieblingsmenschen vergessen? Falls doch: Ist es nicht besser 365 Tage im Jahr geliebt als einen Tag gefeiert zu werden? Gilt auch für Hochzeits-, Jahres- oder sonstige Tage.
Ganz besonders danken möchte ich jedoch Sprinter der mich zu dieser entzückenden Parabel inspiriert hat:)!