„Spigolo“, Pian dela Paia, Pietramurata, 14 SL, 6
Zu Sprinters Verteidigung muss ich sagen dass es mein Vorschlag war diese Tour zu klettern. Beim Blättern durch einen Führer suchte ich nach Unternehmungen in für uns neuen Gebieten, meine Kriterien: möglichst wenige 6er Stellen, lang aber nicht zu lang, annehmbarer Zustieg und natürlich eine gute Bewertung.
Von Innsbruck kommend liegt Pietramurata ein ganzes Stück vor Arco, weswegen wir die „Spigolo“ für den ersten Tag planen. Man parkt bei der Motocrossstrecke und sollte dann in etwa 30 Minuten beim Einstieg sein. Wir spazieren die Obstgärten entlang, hier biegt man rechts ab, aber als wir genau das tun wollen stellt sich uns der zufällig anwesende Besitzer in den Weg und deutet um die Ecke. Okay... es gibt hier alle paar Meter die Möglichkeit rechts abzubiegen, vorsichtshalber gehen wir ein ganzes Stück weiter und müssen schließlich, damit wir nicht irgendwann Dro landen, einen privaten Waldweg nach rechts nehmen. Steil hinauf, irgendwo sollten nun gelbe Markierungen auftauchen. Wir sehen die Kante in der Ferne, Markierungen sehen wir nicht, also folgen wir einem zwar offensichtlichen aber trotzdem rustikalen Pfad . Endlich, gelbe Punkte, wir sind richtig. Ihnen nach, aber nur kurz, denn die Markierungen gehen in dem schrofigen Gelände nach oben. Sprinter findet das „unlogisch“ („so weit hinauf müssen wir nicht – das sind andere Touren“) und folgt lieber seinem „Instinkt“ - nach unten. Ich bin im Zwiespalt. Einerseits möchte ich gerne Sprinters jahrzehntelanger Bergerfahrung trauen. Andererseits sehe ich nicht ein warum wir jetzt Markierungen ignorieren und stattdessen (wieder mal )irgendwo in der Pampa herumirren müssen.
Mäßig begeistert folge ich ihm schließlich doch. (Sprinter falls du das liest: es war das letzte Mal dass ich deinem „Instinkt“ getraut habe!).
Steil nach unten über rutschiges Laub, dann hinüber durch dichtes Gestrüpp. Es dauert nicht lange und ich höre den verhassten Satz „Schau, wir sind richtig, da ist schon jemand gegangen!“ Jaaa... wann wurden eigentlich die letzten Braunbären in Italien gesichtet?
Ich kämpfe mich durch Dornen, immer wieder fliegen mir Äste, abgebrochen von Sprinters Rucksack, ins Gesicht. Dann geht es wieder nach oben. (Bemerkt außer mir noch jemand die Unlogik dieser „logischen Linie“?) Schrofen und steiler erdiger Wald. Ich schwitze, ich fluche.
Nach Ewigkeiten sind wir wieder am Wandfuß. Ich streike, und Sprinter macht sich allein auf die Suche nach dem Einstieg. Der befindet sich links von uns. Ich resümiere: wir sind nach unten gegangen. Wir sind nach rechts gegangen. Wir sind nach oben gegangen. Nun müssen wir wieder nach links. Das, liebe Leserschaft, klingt doch verdammt nach einem..... Kreis?
Immerhin, wir sind jetzt beim Einstieg, da ist sogar das Schild. Zeitbedarf: wir haben keine Uhr mit, ich schätze mal so eineinhalb Stunden.
Es geht jetzt eine Rampe hinauf , dann startet die eigentliche Tour. 5+, alpin. Heißt: in der Verschneidung ist ein Normalhaken und zwei Sanduhren. Die Verschneidung ist steil. Liegt es an dem anstregenden Zustieg oder an der verdammt knackigen Bewertung dass ich am ersten Stand schon komplett fertig bin? Oben kommen noch einige 6er Stellen, ich bezweifle innerlich stark dass diese Tour für mich ein Spaß wird. Ich sage aber nichts, erstens, weil ich die Tour ausgesucht habe. Zweitens, weil ich diesen Zustieg nicht zurück gehen will.
Die nächste Länge, Sprinter kämpft mit der Kante, die Kante gewinnt und lässt sich nicht überwinden. Sprinter seilt ab, auch er hat wohl Respekt vor den folgenden 6er Längen.
Der Abstieg erweist sich als erstaunlich angenehm, wir folgen nämlich dem (richtigen) Zustiegsweg (und den gelben Markierungen) und sind nach einer halben Stunde wieder beim Auto.
Weil ganz in der Nähe, disponieren wir um auf die:
„Il sole di David e Michelangelo“, Parete Limaro / Picol Dain, Sarche, 8 SL, 6
Der Zustieg ist hier nicht erwähnenswert – 10 Minuten maximal Richtung Wasserscheide, dafür ist das Ambiente auch dementsprechend. Einerseits Straßenlärm, andererseits tosendes Wasser. Ich lehne dankend Sprinters Vorschlag, die erste Länge vorzusteigen, ab.
Die erste Sicherung ist ewig weit oben, dann quert die Tour nach links. Für eine 4+ braucht Sprinter erstaunlich lang, im Nachstieg sehe ich warum: Die Kletterschwierigkeiten sind okay, aber die Absicherung ist mehr als dürftig und der Fels schon reichlich abgeschmiert.
In der zweiten Länge fordert dann der Umgebungslärm seinen Tribut: Sprinter hat Probleme mit der glatten Platte, aber obwohl er nur 15 Meter entfernt ist verstehe ich kein Wort und kann nur ahnen ob „lockerlassen“ oder „zu“ gemeint ist.
Er seilt wieder ab zum ersten Stand.
Weil wir beide stur sind wollen wir einen letzten Versuch wagen. Zwei Meter unter uns ist der Stand einer anderen, leichten Tour:
Orizzonti Dolomitici, Parete Limaro, Sarche, 11 SL, 5+