August 2019
Peter und ich wollen klettern, witterungsbedingt bietet sich die Martinswand an. Eine Herausforderung was die Tourenauswahl betrifft, für die Vorbaurouten gilt nämlich die Devise: Zahlen sind Schall und Rauch... Griffe und Tritte die schon zigtausendmal benutzt worden sind, da wird der Schwierigkeitsgrad schnell mal zum Schmierigkeitsgrad.
Weil wir aber die „Rucola“ so bravourös gemeistert haben und die „Bronchitis“ ja sogar noch leichter ist sehen wir da überhaupt kein Problem.
Peter, mein „eigentlich lieber Kletterhalle“ - Seilpartner, erstaunt mich. Ohne zaudern und zögern steigt er die erste Länge vor, und wer da jetzt über 5- lächelt: erst mal nachmachen, die Stelle ist glatt, Reibungsklettern wäre gefragt, aber wo keine Reibung ist... trotzdem ist er nach ein bisschen testen und probieren drüber, was mir beim Nachsteigen peinlicherweise nur mit leichtem Schummeln gelingt. „Erste Länge halt“ denk ich mir, und steige enthusiastisch die zweite Länge vor. Besser gesagt, ich steige enthusiastisch ein und frage mich sofort ob das jetzt ernsthaft 4+ ist. Ordentlich steil, ordentliche Abstände zwischen den Bolts und außerdem nicht nur poliert sondern auch nass (wie übrigens fast immer) – super Kombi! Zum Glück bietet sich nach dem ersten Bolt die Gelegenheit eine Sanduhr zu fädeln, sofort wird mir leichter ums Herz. In dieser Länge gibt es übrigens öfter Möglichkeiten für Sanduhren, wer also sein Sicherheitsbedürfnis durch die vorhandenen Bolts nicht erfüllt sieht sollte ein paar Bandschlingen (dünne) mitführen.
Am Stand bin ich schweißgebadet (obwohl es gar nicht so heiß ist). Das Schöne an Wechselführung: jetzt ist Peter dran, ich kann verschnaufen.
Die dritte Länge zeigt dann, dass Hallenklettern manchmal doch auch Vorteile hat. Steil und große Griffe – Peter ist in seinem Element, ich bin froh dass ich diesmal nur hinterher muss.
Die Schlüsselseillänge: vom Stand aus sieht man Platten so weit das Auge reicht. Schwer schaut es nicht aus. Trotzdem kämpfe ich mich eher mühsam von Bolt zu Bolt, bis ich dann bei der Schlüsselplatte angelangt bin. Ich bin die Tour ja vor Ewigkeiten schon mal geklettert, konnte mich nur nicht mehr richtig erinnern. Jetzt kehrt die Erinnerung zurück. Schlüsselplatte, glatte Platte – blöde Platte. Schaut von unten flach aus, vor Ort ist sie aber nur mehr glatt und kein bisschen flach. Der Bolt ist auch nach oben gerückt, von der Leiste aus kann ich ihn jedenfalls nicht einhängen. Die letzte Sicherung ist unter mir, ich muss die Flucht nach vorne ergreifen. Oder die Flucht auf die Seite, etwas rechts hinüber tänzeln, hoffen dass der grasige Absatz hält, hoffen dass der Griff weiter oben ein Griff ist und nicht bloß Attrappe und irgendwie den Bolt einhängen. So mache ich es schließlich auch, elegant geht anders, aber das ist mir egal. Fast bis zum Stand gehen die Platten, dort angelangt brauche ich erst mal eine Zigarette.
Als Peter bei mir ist gesteht er mir dass er sich unten schon gewundert hat warum ich bei der leichten Stelle so herumwurstle. Und als er dann selber bei der Stelle war... eine optische Täuschung eben.
Die letzte Länge, Peter wieder vor, noch ein paar Klettermeter dann Schrofengelände. Peter mausert sich zum Alpinisten (ich sehe da großes Potential :)!), steigt die Schrofen hinauf ohne dass eine Steinlawine nach unten donnert. Das schafft leider nicht jeder in der Martinswand (deswegen ist hier der Helm fast noch wichtiger als das Seil).
Abstieg: der Ausstieg befindet sich am Abstiegsweg. Mehr mittig als der von der Rucola, man spart sich den ersten seilversicherten Abstieg. Rest wie gewohnt.
Fazit: die Tour ist nur drei Jahre älter als die „Rucola“ und doch schon um einiges polierter. Was mich zu der Erkenntnis bringt immer auch das Datum der Erstbegehung in meine Tourenentscheidung mit einfließen zu lassen. In Summe ist die „Bronchitis“ anspruchsvoller als die „Rucola“, viel Plattenkletterei wo die nicht immer ganz tadellose Reibung gelegentlich für Adrenalinschübe sorgt. Nicht die schönste Vorbauroute, aber gut geeignet um „über den Schatten springen“ zu üben.
Fazit Peter: angenehmer Tag mit einer tollen Seilpartnerin (Schleimer, Anm. d. Red.). Die 3. Seillänge fand ich am schönsten. Allerdings würde ich die meisten Seillängen einen Grad höher bewerten als angegeben.
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